Was ist denn überhaupt positive Verstärkung?
Positive Verstärkung resultiert aus einem einfachen Lerngesetz:
Ein Lebewesen zeigt das Verhalten mehr, welches lohnenswert ist!
Das können wir auch auf uns selbst projizieren.
Wissen wir, dass für besondere Leistung am Ende des Jahres eine Bonuszahlungen auf uns wartet, dann strengen wir uns deutlich mehr an um die Ziele zu erreichen, als wenn es lediglich ein paar nette Worte vom Chef oder gar nichts für uns gibt.
Beim Hund ist das nicht anders! Wieso sollte er zu uns zurück kommen, wenn er grade viel lieber die Hasenspur weiter verfolgen möchte oder mit seinem Hundekumpel spielt - was haben wir dem schon entgegenzusetzen?!
Ein riesengroßer Irrglaube, mit dem ich ständig konfrontiert werde ist, dass die Trainer die über positive Verstärkung arbeiten, ihre Hunde ohne Ende mit Leckerchen zustopfen und die Hunde nur noch auf das Leckerchen fokussiert sind und dadurch keine Bindung zu ihrem Menschen aufbauen, bzw. kein Stück mehr hören, wenn man mal ohne Leckerchen unterwegs ist.
Hiermit möchte ich nun aufräumen!
Hier kommt nun das Wort „Verstärker“ ins Spiel.
Der Einsatz von Verstärkern sorgt dafür, dass der Hund das Verhalten, welches durch den Verstärker verstärkt wurde, in Zukunft häufiger zeigt.
Ein Beispiel dazu:
Der Hund sitzt am Esstisch neben dir und schaut dir beim Essen zu. Du ignorierst ihn und nun fängt er an nachzudenken, wie er deine Aufmerksamkeit bekommt. Er kommt näher und drückt sich an dein Bein.
Du, in Gedanken beim Essen und eventuell gleichzeitig am Handy, findest das nett und fängst an ihn zu kraulen. Zack, sein Verhalten hat sich gelohnt und das wird er sich merken.
Nach einiger Zeit nervt es dich, dass er jetzt immer wieder beim Essen an dein Bein kommt, denn bei Besuchern macht er das inzwischen auch.
Nun streichelst du ihn deshalb nicht mehr, in der Hoffnung, dass er aufgibt.
Dein Hund fängt nun wieder an nachzudenken, wie er an deine Aufmerksamkeit kommt.
Ihm fällt ein, dass sich „Pfötchen geben“ immer gelohnt hat.
Also fängt er an mit seinem Pfötchen an deinem Bein zu kratzen. Das ist dir jetzt deutlich zu viel und du sagst „Nein“ und Zack, dein Hund hat schon wieder das was er wollte - deine Aufmerksamkeit!
Allein durch deine Aufmerksamkeit verstärkt sich sein Verhalten nun immer weiter und weiter. Bis hin, dass du wütend aufstehst und ihn drohend wegschickst (sich vor dem Hund aufbauen ist für den Hund bedrohlich). Nun versteht er die Welt nicht mehr, denn es war doch bis dahin immer alles okay.
Für den Hund eine blöde Situation!! In ihm macht sich nun Unsicherheit breit, weil er dich in diesem Moment einfach nicht versteht.
Für die HUND - Mensch Beziehung sehr kontraproduktiv!!
Jeder von uns kennt diese oder ähnliche Situationen. Hier wird doch nun klar, dass ein Verstärker für ein Verhalten nicht immer ein Leckerchen sein muss.
Trotzdem ist das Leckerchen als Verstärker nahezu ungeschlagen. Es bringt so unglaublich viele Vorteile mit sich.
Für das Training mit unseren Hunden möchte ich ein paar Verstärker nennen, die ich persönlich im Alltag nutze:
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Leckerchen
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Spielzeug
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Clicker
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den Hund bellen lassen
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den Hund suchen lassen
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den Hund eine Spur verfolgen lassen
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mich selber (durch meine Stimme und ehrliche Freude)
Es lohnt sich herauszufinden, welcher Verstärker in welcher Situation für deinen Hund am lohnenswertesten ist.
Das Wort „Verstärker“ ist nun klar.
Jetzt ist noch die Frage, was bedeutet „Positive Verstärkung“.
Positive bedeutet hier, das ich etwas angenehmes hinzufüge, wenn der Hund ein gewünschtes Verhalten zeigt.
Ein einfaches Beispiel:
Ich sage „sitz“, der Hund macht „sitz“ und bekommt dafür ein Leckerchen. Durch viele Wiederholungen fängt er an zu verstehen und kann sich schließlich, allein auf das Wortsignal hinsetzen.
Nun steigert man die Schwierigkeitsstufen immer weiter, bis er z.B. trotz fremder rennender Hunde das „Sitz“ ausführen kann.
Nun zum Knackpunkt, warum viele Hunde das Sitz dann doch nur ausführen können, wenn man Leckerchen dabei hat:
Weil sie es eben nicht ohne gelernt haben!!
Wir können doch nur das vom Hund verlangen, was wir auch trainiert haben und hat der Hund für jedes noch so „einfache“ Sitz ein Leckerchen bekommen und plötzlich merkt er, jetzt gibt es keins mehr, dann ist das Hinsetzen auch nicht mehr lohnenswert und er schnüffelt lieber irgendwo rum (denn das ist selbst belohnend und lohnt sich eben mehr für ihn).
Was ich meinen Kunden beibringe:
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wenn das Sitz sehr sicher und auch unter Ablenkung funktioniert, dann seid variabel mit den Leckerchen (mal gibt es eins und mal nicht).
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Wenn es kein Leckerchen gibt, dann freut euch trotzdem, dass der Hund „Sitz“ gemacht hat. Es soll sich ja trotzdem für ihn lohnen (wahrscheinlich hätte er lieber etwas anderes gemacht)
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Wenn er in einer besonders schwierigen Situation trotzdem „Sitz“ ausführt (z.b. ein Hase rennt über den Weg) dann muss die Belohnung dementsprechend hoch sein!! Z.B bessere Leckerchen oder mehrere nacheinander oder ihr macht ein gemeinsames Renn-/ Jagdspiel als Belohnung und es gibt ein Leckerchen on top!
Das ganze ist, wie oben erwähnt, ganz individuell auf jeden Hund abzustimmen.
Zusammengefasst gilt aber:
Wenn wir bestimmtes Verhalten von unseren Hunden wollen, dann muss das Verstärkt (belohnt) werden. Ansonsten suchen sie sich ihre eigenen Verstärker und die passen meist nicht in unsere Vorstellungen.
Zum Schluss:
Warum ich es liebe über positive Verstärkung zu arbeiten?
Weil ich gezwungen bin die gewünschten Verhaltensweisen meines Hundes zu sehen und nicht nur dann zu reagieren, wenn er mal wieder was blödes macht.
Diese Sichtweise überträgt sich auf mein ganzes Leben und macht glücklich 🤗